Der Weißenburger Oberbürgermeister Jürgen Schröppel sieht sich nicht als Fußball-Experte und sein Tipp im Vorfeld des Bezirksliga-Derbys gegen den SV Wettelsheim (2:0 für Weißenburg) war auch nicht ganz zutreffend. Dennoch lag der OB mit seiner Vorahnung vollkommen richtig: „Heute kommt der Durchbruch“, hatte er dem TSV 1860 prophezeit. Und so kann man das Endergebnis dann auch wirklich deuten: Mit einem 5:2 haben die Weißenburger einen klaren Sieg in Wettelsheim gefeiert und nach einem sehr durchwachsenen Saisonstart eine Art Befreiungsschlag gelandet und ein Ausrufezeichen gesetzt. Nach einem 0:1-Rückstand drehten sie vor schöner Kulisse am Hirschfeldweg (über 400 Zuschauer) das Spiel und gewannen insgesamt verdient. Der TSV 1860 war lauffreudiger, agierte cleverer, hatte spielerische Vorteile und einfach mehr Zug zum Tor – auch wenn das Resultat am Ende etwas zu hoch ausfiel und darüber hinwegtäuschte, dass die Partie bis zur 84. Minute offen und spannend war. Würde in der Bezirksliga ein „Man of the Match“ gekürt, dann ginge dieses Prädikat nach einem packenden, absolut sehenswerten und am Ende auch hitzigen Derby sicherlich an Tobias Reile. Die Wettelsheimer Abwehr bekam den Weißenburger Stürmer überhaupt nicht in den Griff. Vor allem in der ersten Hälfte war Reile bärenstark, glich zum 1:1 aus, erzielte das 1:2 und war dann zu Beginn des zweiten Durchgangs auch noch Wegbereiter für das 1:3.


Das Momentum schien im Vorfeld für Wettelsheim zu sprechen. Rang vier und zehn Punkte standen für die Truppe von Trainer Tobias Grimm zu Buche. Die Weißenburger um ihren Coach Markus Vierke standen hingegen mit nur vier Zählern auf Rang 14. Der Druck lag klar aufseiten des TSV 1860, der dann auch mehr die Initiative ergriff und erste kleinere Möglichkeiten durch Maik Wnendt und Reile hatte. Dann jedoch gab es in der 26. Minute Elfmeter auf der Gegenseite: Schiedsrichter Sebastian Segmüller hatte bei einem Kopfballduell ein Foul von Markus Lehner an Simon Hüttinger gesehen und zeigte auf den Punkt. Wettelsheims Kapitän Hans-Christian Döbler verwandelte sicher gegen Jonas Herter, der beim TSV 1860 zwischen den Pfosten stand.
Die Weißenburger schüttelten sich kurz und waren dann sofort um den Ausgleich bemüht. Selbiger gelang Tobias Reile mit einer feinen Einzelleistung und gekonntem Abschluss. 1:1 stand es nach 34 Minuten. Doch damit nicht genug: In der Nachspielzeit der ersten Hälfte zeigte Reile nochmals seine Klasse, als er nach Zuspiel von Marco Schwenke abzog und zum 1:2 traf. Die SVW-Hintermannschaft war erneut zu passiv, was ein Stück weit auch daran lag, dass viele Spieler sehr früh mit Gelb belastet waren. Insgesamt war es sehr farbenfroh mit zehn Gelben und einer Gelb-Roten Karte in einem dennoch fairen Match.
Nach dem Seitenwechsel hatte der kleinste Mann am Feld, Michael Halbmeyer, die erste Möglichkeit für Wettelsheim, scheiterte aber mit seinem Kopfball an Herter. Konsequenter agierten die Gäste: Max Pfann brach einmal mehr über die rechte Seite durch und spielte nach innen. Während Tobias Reile hart bedrängt noch scheiterte, traf Benjamin Weichselbaum im Nachschuss zum 1:3 – wäre der Ball nicht drin gewesen, hätte es wohl Elfmeter wegen Foul an Reile gegeben.
Wettelsheim steckte nicht auf. Pech hatte Florian Bunz, dessen Kopfball auf der Latte tänzelte. Zudem scheiterte Döbler ebenfalls per Kopf an Herter, der glänzend parierte und den Ball aus dem Tordreieck fischte. In der 68. Minute durfte der SVW dann jubeln, als Julian Dürnberger auf 2:3 verkürzte. Zwei Minuten später muss¬te Simon Hüttinger nach wiederholtem Foulspiel mit Gelb-Rot vom Platz und Wettelsheim war für die letzten 20 Minuten in Unterzahl.
Weil die Platzherren immer mehr ins Risiko gingen und alles nach vorne warfen, taten sich Räume für Weißenburger Konter auf. Dabei drang Robin Renner in den Strafraum ein. Obwohl SVW-Verteidiger Bastian Baumann bei seiner Grätsche klar den Ball spielte, entschied der Referee auf Elfmeter und zog sich damit einmal mehr den Wettelsheimer Unmut zu. Da war es vielleicht ganz gut, dass Reile anschließend an Torhüter Christoph Zwahr scheiterte und die Entscheidung verpasste (80.). Wenig später war es dann aber so weit: Mit zwei blitzsauberen und blitzschnellen Kontern machte der TSV 1860 alles klar: Marco Jäger und Robin Renner waren in der 84. und 85. Minute die Vollender zum 2:4 und 2:5. Die Assists gingen an Renner und Pfann.
Damit war die jüngste Wettelsheimer Erfolgsserie jäh gestoppt. Der SVW fiel auf Rang sechs zurück und hat am Sonntag ein weiteres schweres Heimspiel gegen Burgfarrnbach. Umgekehrt konnte der TSV 1860 nach zuletzt recht magerer Ausbeute ausgerechnet im Derby wieder jubeln, machte mit dem Prestigeerfolg zudem einen Sprung auf Rang neun und hofft, dass er am Sonntag in Mosbach nachlegen kann.
SV Wettelsheim: Zwahr, Stoll (86. Renner), Döbler, Müller, Baumann (86. Felix Neubauer), Simon Hüttinger, Zischler, Rasch, Halbmeyer, Bunz, Dürnberger.
TSV 1860 Weißenburg: Herter, Jäger, Leibhard, Weglöhner, Schwenke, Lotter, Lehner, Strobel (86. Eitel), Weichselbaum (74. Renner), Wnendt (15. Pfann), Reile.
Schiedsrichter: Segmüller (FC Altenmuhr); Zuschauer: 415; Tore: 1:0 Hans-Christian Döbler (26., Foulelfmeter), 1:1, 1:2 Tobias Reile (34. und 45.); 1:3 Benjamin Weichselbaum (49.), 2:3 Julian Dürnberger (68.), 2:4 Marco Jäger (84.), 2:5 Robin Renner (85.).
Besondere Vorkommnisse: Gelb-Rote Karte für Simon Hüttinger (SVW) nach wiederholtem Foulspiel (70.); Tobias Reile (TSV) scheitert mit einem Foulelfmeter an Christoph Zwahr (80.).