Voriges Jahr um diese Zeit war der TSV 1860 Weißenburg in einer komfortablen Situation. Das Team von Trainer Markus Vierke hatte in der Landesliga bereits zur „Halbzeit“ den Klassenerhalt sicher. Der Modus in der Nordost-Gruppe machte es möglich. Die Liga spielte zunächst mit zwei regionalen Vorrundengruppen, bei der sich die vorderen vier bis fünf Mannschaften für die Aufstiegsrunde qualifizierten. Der TSV 1860 machte am letzten Spieltag des Jahres 2021 eine Punktlandung auf Rang vier. Mit dem Sprung in die Aufstiegsrunde war zugleich der Verbleib in der Liga perfekt. „Das war damals perfekt für die Entwicklung unserer jungen Mannschaft“, findet Vierke rückblickend, zumal sich seine Truppe später auch in der Aufstiegsrunde mit Bravour schlug, etliche Favoriten ärgerte und schließlich als Gesamtsiebter durchs Ziel ging – sehr beachtlich für den damaligen Aufsteiger. Im zweiten Landesliga-Jahr sieht es nun allerdings anders aus: Die Weißenburger spielen inzwischen in der Südwest-Gruppe, wo sie auf Rang 14 überwintern. Das ist zugleich der erste von drei Plätzen der Abstiegsrelegation. Das Ziel für die verbleibenden Spiele der Rückrunde ist damit klar: Der TSV 1860 will raus aus der Gefahrenzone und erneut den Klassenerhalt schaffen.


Was den Coach in dieser Hinsicht optimistisch stimmt, ist der jüngste Trend. Satte elf Punkte holten seine Jungs aus den letzten sechs Spielen vor der Winterpause, wobei man hinzufügen muss, dass es fünf Auswärtspartien waren und nur ein Heimspiel, nämlich die abschließende und mit 1:0 gewonnene „Schlammschlacht“ gegen den Tabellendritten FC Kempten.
Nicht nur die Ergebnisse sieht Markus Vierke positiv, sondern vor allem auch die Leistungen und die „leidenschaftlichen Auftritte“ der Mannschaft um Kapitän Jonas Ochsenkiel. „Das hat richtig gutgetan“, so Vierke, der die bisherige Saison 2022/2023 in drei Drittel einteilen kann. Die ersten sechs Spiele ein guter Start mit neun Punkten, dann der große Durchhänger mit nur zwei Zählern aus den folgenden sechs Partien und schließlich der erwähnte, erfolgreiche Endspurt.
Dass die Weißenburger zwischendrin mehrere Wochen sieglos blieben, war nicht zuletzt auch der Personalsituation geschuldet. Der TSV 1860 wurde von einer Verletzungswelle gebeutelt, wie er sie seit Jahren nicht mehr erlebt hat. Hinzu kamen aber auch Absenzen durch Urlaub und ein Kader, der sich in dieser Phase als zu klein und nicht breit genug erweisen sollte. Auch vereinsintern gab es Kontroversen, gerade was das Abstellen von Spielern der U19-Bayernliga-Truppe für die „Erste“ anging.
Was die Verletzungen anbelangt, so sind einige Spieler inzwischen wieder zurück, weitere Akteure stehen vor ihrem Comeback im neuen Jahr. Bei Torhüter und Vize-Kapitän Johannes Uhl wird es aber noch länger dauern. Ihn hat es am schlimmsten erwischt. Uhl zog sich Anfang August beim 3:2-Heimsieg gegen den TSV Hollenbach einen Kreuzbandriss zu und fällt seither aus. Gut, dass die Weißenburger in dieser Situation mit Jonas Herter noch einen regionalliga-erfahrenen Keeper in der Hinterhand haben. „Ein absoluter Glücksfall für uns, Jonas ist ein super Rückhalt – das hat man gerade auch in den letzten Spiele gesehen, in denen wir wenig Gegentore bekommen haben“, sagt der Coach über den 34-Jährigen.
Und noch ein Routinier war besonders wichtig: Innenverteidiger Johannes Meyer. Abgesehen von einer Zehn-Minuten-Strafe im Auftaktspiel gegen Sonthofen hat der 28-Jährige keine Minute verpasst, in allen Partien durchgespielt und hinten den Laden zusammengehalten. Er bringt es auf die volle Zahl von 1620 Einsatzminuten und ist der Dauerbrenner im TSV-1860-Team. „Johannes passt bei uns super rein. Er ist sicher die beste Verstärkung, die wir bekommen haben, seit ich als Trainer hier bin. Ohne ihn hätten wir mehr Gegentore und weniger Punkte“, lobt Vierke den ehemaligen Ansbacher Bayernliga-Spieler, der im Sommer vom FV Dittenheim nach Weißenburg wechselte. An zweiter Stelle steht Youngster Tom Vierke (20) mit 1442 Minuten. Die meisten Tore hat in dieser laufenden Saison Mittelfeldmotor Ferat Nitaj erzielt. Der 20-Jährige bringt es auf sechs Treffer, mit fünf Toren folgt Tom Vierke, der Neffe des Trainers.
Bleiben wir noch kurz bei der Statistik: 29 Gegentore haben die Weißenburger bislang kassiert, nur sechs Mannschaften (alle aus dem Vorderfeld) haben besser verteidigt. In der Offensive gehört der TSV 1860 mit 25 erzielten Toren hingegen zum hinteren Drittel: Nur Hollenbach und Gersthofen haben weniger getroffen. Berücksichtigen muss man bei diesen Zahlenspielen allerdings die Tatsache, dass die Weißenburger bislang weniger Spiele ausgetragen haben als die meisten ihrer Liga-Konkurrenten.
Alles in allem hat das Programm seit Mitte Juli viel Kraft gekostet. Und insofern sind Trainer Markus Vierke udn sein „Co“ Michael Seitz auch froh über die aktuelle Ruhe. Im Dezember wird nicht trainiert, einzige Termine sind die Weihnachtsfeier sowie das Mitternachtsturnier des TSV Wassertrüdingen am 25. Dezember. Im Januar wird dann das Hallentraining aufgenommen mit Teilnahme an der Stadt- und Kreismeisterschaft. „Das macht Spaß, die Hallensaison hat uns immer gutgetan und ist eine gute Übergangszeit“, unterstreicht Vierke.
Hinzu kommt die „große Vorfreude“ nach zwei Jahren Zwangspause für den Hallenkick. Nicht selten haben die Weißenburger vor Corona auch viel Selbstvertrauen aus der Hallenrunde gezogen, die sie dann für draußen mit auf den Platz nehmen konnten. Dort ist der Vorbereitungsstart für den 27. Januar geplant. Bereits am 3. Februar steht das Nachholspiel bei der SpVgg Unterhaching II am Plan. Die Regionalliga-Reserve spielt bekanntlich außer Konkurrenz, sodass die Partie aus TSV-1860-
Sicht ein guter Test auf Kunstrasen ist. Erstmals wieder um Punkte soll es am 25. Februar beim Heim- und Nachholmatch gegen den VfB Durach gehen. Der erste reguläre Spieltag führt am 4. März nach Hollenbach.
An all diese Namen hat sich der TSV 1860 inzwischen gewöhnt, muss aber weiterhin feststellen, dass die Landesliga Südwest eine enorme Herausforderung darstellt. Das beginnt bei den vielen weiten Auswärtsfahrten bis ins Allgäu, führt weiter über die oftmals feinen Sportanlagen und finanziellen Möglichkeiten der dortigen Klubs und endet schließlich mit dem höheren sportlichen Niveau. Die Weißenburger müssen auf dem Neuland eigentlich immer ans Limit (oder darüber) gehen, wenn sie punkten wollen. Bei den Gegnern tummeln sich auch relativ viele Akteure mit höherklassiger Erfahrung.
Unterm Strich hat der TSV 1860 diese Herausforderung bislang aber recht ordentlich gemeistert. Haderte man anfangs noch mit der Einteilung, so rückte bei Trainern und Team schnell die Motivation und die Vorfreude auf diese neue Liga in den Vordergrund. „Das ist auf jeden Fall eine Liga, in der wir viel lernen und neue Erfahrungen sammeln können“, findet Markus Vierke und spricht „in Summe von einem sehr erfolgreichen Jahr“. Welche Note er in seinem Hauptberuf als Lehrer dafür bei seinem Team vergeben würde? „Note 2“, sagt der Trainer.